Der Jahrgang 1939 Marxheim
Maxemer Kerbeborsch „Lustige Knotte“
Manfred Schäfer berichtet (2006/2007)
Vom April 1946 bis März 1954 besuchten fast alle vom Jahrgang 1939 die Volksschule und traten danach (auch fast alle) ihre Lehrzeit an. Etwa drei Monate nach Lehrbeginn traf sich unser Jahrgang im Gasthaus „Zur Eiche“. Dort waren wir uns bald einig, daß wir „Kerbe-borsch“ machen wollen. Als Anführer dieser Bande wählte man Manfred Schäfer und beschloß, einen monatlichen Beitrag von 1 DM zu erheben. Im Laufe der Zeit traf man sich regelmäßig. 1957 konnten wir das erste Mal die Kerb als Vize--Kerbeborsch gestalten, da der Jahrgang 1938 wegen Personalgründen die Kerb nicht mehr feiern konnte.
Die Vorbereitungen für die Kerb 1957 waren enorm. Die Kerbefahne mußte gemalt werden (von Hans Ullrich), die Kerbekappen (in Höchst, Kurmainzerstraße) beschafft und eine Musikkapelle bestellt werden (hier halfen die Wirtsleute Großmann, Christine und Josef (Uzname: Kohlert) sehr. Die Kapelle Kröller aus Marxheim sollte die Kerb musikalisch gestalten.
Der erste Kerbevatter war Manfred Schäfer, Kassierer Reinhold Schneider. Der Kerbevatter wurde in der Turnhalle geeicht. Er mußte mit jedem versammlungsanwesenden Kerbeborsch ein Glas Äppelwoi (0,3 l) auf EX trinken. In 1,5 Stunden war’s geschafft mit 16 Äppelwoi! Nachdem alles getrunken war, kam der Finger in den Hals zum Erbrechen. Danach konnte fast nichts mehr schiefgehen und man war doch noch gut zu Fuß!
In den letzten 14 Tagen vor der Kerb gab es viel Arbeit. Der Kerbeschlackes mußte hergestellt und der Kerbekranz gewickelt werden. Ein Kerbehammel und ein Kerbegickel sowie die Utensilien für die Tiere waren zu besorgen. Zu diesen Utensilien gehörte auch ein selbstgefertigter Käfig für den Gickel. Der Gickel wurde fast immer bei Umzügen mitgenommen. Die Turnhalle war das Kerbedomizil und mußte auch festlich geschmückt werden.
Der Kerbeschlackes wurde bei Manfred Schäfer in der Scheune hergestellt ,ebenso der Kerbekranz. Für den Kerbekranz existierte ein großer Eisenreif, um den das Stroh und die Tannen gewickelt wurden. Natürlich war das Stöffche immer dabei. Zum Äppelwoi sei gesagt, daß wir ca. 1000 Liter selber gekeltert und bei Manfred gelagert hatten.
Etwa 5 bis 6 Wochen vor der Kerb besorgten wir in der Nähe von Limburg den Kerbehammel. Er kostete ca. 30 DM und wurde aus der Jahrgangskasse bezahlt. Unser Jahrgangskamerad Heinz Ohlenschläger holte ihn mit dem Unimog ab. Untergestellt war der Hammel wechselweise bei verschiedenen Jahrgangsmitgliedern. Es herrschte die „Unsitte“, den Kerbeborsch alles, was nicht niet- und nagelfest war (Hammel, Gickel, Kerbeschlackes etc.), zu entwenden (klauen) und so die Kerbeborsch zu erpressen, in Form von Saufgelagen! Wachsamkeit war also oberstes Gebot!
Für Kerbesamstag bestellten wir den Förster Kettner, um den Kerbebaum zu holen. Morgens beizeiten ging’s in den Wald zum Kerbebaum-Einschlagen.
Das Werkzeug wurde mit Äppelwoi geölt. Beim Fällen verletzte sich ein Kerbeborsch so sehr (Beinbruch), daß die Kerb aktiv für ihn gelaufen war!
Nach dem Fällen und Aufladen des Baumes ging es über Diedenbergen (wo eine ordentliche Brotzeitpause eingelegt wurde) nach Marxheim in die Schloßstraße. Vom „Halle-Seppl“ startete der geschmückte Baum um ca. 14 Uhr zum Umzug durch Marxheim, natürlich mit Musik. Durch die Schulstraße und die Bahnstraße gelangte der Baum an sein Ziel in der Kreuzgartenstraße.
Nach dem Umzug wurde um etwa 16 Uhr mit dem Baumstellen begonnen. Mit großem Einsatz und unter Anleitung der Alten Kerbeborsch wurde der Baum fachgerecht - mit viel Äppelwoi - gestellt.
Um 17.30 Uhr endlich stand der mit 29,50 m bisher längste Marxheimer Kerbebaum. Was natürlich nicht fehlte bei dieser ganzen Aktion, war zum Schluß ein starkes Gewitter, so daß wir alle „gebadet“ wurden. Am Abend wurde ab 19 Uhr zum ersten Mal ein Kommers mit Tanz veranstaltet. Dies war der Anfang des Samstagskerbeballs zur Marxheimer Kerb. Die Veranstaltung haben wir Kerbeborsch etwas an-getrunken, aber im großen und ganzen gut überstanden.
Sonntagmorgen war hl. Messe und am Nachmittag fand der große Kerbeumzug statt. Ab 16 Uhr konnte dann wieder das Tanzbein geschwungen werden. Als Kerbeborsch mußte man sich auch auf dem Kerbeplatz sehen lassen und seine Kerbemädchen mit allem Möglichen verwöhnen.
Der Kerbeumzug lief durch folgende Straßen:
- Schloßstraße (Start beim „Halle-Seppl“)
- Schulstraße
- Hofheimer Straße (heute Rheingaustraße)
- Bahnstraße (im Bild)
- Kreuzgartenstraße
- Mittelstraße
- Kerbeplatz
Samstag- und Sonntagnacht blieb das Bett zu Hause von den meisten Kerbeborsch unbenutzt. Für Verpflegung etc. sorgte unser Gastwirt, und zwar morgens und tagsüber.
Am Kerbemontag um ca. 5 Uhr begann der Weckruf mit allen möglichen lärm erzeugenden Gegenständen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter wurden von uns nach Hofheim begleitet. Um 10.30 Uhr begann der Frühschoppen im Gasthaus „Zur Krone“ (ehem. Metzgerei Kaus), nachdem wir die Schulkinder vorher von den Lehrern befreit hatten. Die Lehrer übernahmen auch die Kosten für Essen und Trinken in der „Krone“. Am Abend war nochmals Kerbetanz mit müden und abgekämpften Kerbeborsch.
Die Nachkerb
Eine Woche später fand die Nachkerb statt. Der Nachkerbe Sonntag wurde nach einem kleinen Umzug auch wieder mit Tanzmusik ab 16 Uhr begangen. Hierbei kamen der Hammel und der Kerbebaum zur Verlosung. Der Nachkerbe Montag stand ganz im Zeichen der Kerbe-Beerdigung mit traditionellem Gickelschlag und Fällen des Kerbebaums.
Da das private Geld restlos alle war, wusch man die Geldbörsen nach einem tränenreichen Trauerumzug im Brand-weiher in der Weiherhohl (an der Kassernstraße) aus. Später gingen unter lautem Wehklagen der Schlackes und der Kerbekranz in Flammen auf.
Nachdem die Kerb erfolgreich überstanden war, machten wir eine erfreuliche Bilanz. Unser Geld war nicht alle (dank Tombola, Spenden etc.) und so beschlossen wir, einen Ausflug in die Rhön zu starten, und zwar mit allen Helfern, Wirtsleuten und Sponsoren. 1958 waren wir dann „echte“ Kerbeborsch und dasselbe Spielchen wiederholte sich wie bei der Vizekerb 1957. Diesmal war Reinhold Schneider der Kerbevatter.
Der Jahrgang 1939 gestaltete dreimal die Kerb und stellte insgesamt viermal den Kerbebaum. Das Fällen des Kerbebaums ging glücklicherweise meist gut ab. Einmal verursachte ein Baum leichte Beschädigungen an der Dachrinne, was aber ehrenamtlich behoben wurde. Eine Versicherungspflicht gab es damals noch nicht.
Das war im Prinzip ein kurzer Überblick über die Aktivitäten des Jahrgangs 1939 als Maxemer Kerbeborsch „Lustige Knotte“.
Um das nächste Lösungswort zu finden,
müsst ihr kurz auf eine andere Homepage verschwinden.
Das Maskottchen dieser Homepage hat eine Farbe, die wohl so bleibt,
und welche auch einen Zustand beschreibt.
Kommt Ihr hier nicht weiter ist das bitter,
schaut doch dann einfach mal auf ....